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Wer denkt es wäre gut, der irrt gewaltig!
Ein "Kowelenzer Schängel" erzählt.

Nie wieder Krieg!!!
Die nun folgende „Geschichte“ gehört zu den negativsten Erlebnissen in meiner Jugendzeit. Anfang 1944 begann die schlimme Zeit der Fliegerangriffe auf Koblenz. Fliegeralarm wurde immer durch das schreckliche Geheul der Sirenen ausgelöst. Da in Koblenz bis dato noch nichts passiert war, wurde der Alarm von der Bevölkerung einfach ignoriert. Auch wir daheim hatten den Sinn dieser Warnung bis dahin nicht ernst genommen.
Durch die Meldungen im Radio, ist zwar von den schweren Angriffen auf die Großstädte Köln, Hamburg u.a. immer Kenntnis genommen worden, da so was auch Koblenz passieren könnte, daran dachte man jedoch am wenigsten. Die ersten Bomben fielen in der Schloßstraße. Der Drahtfunk, so hieß der Warnsender im Radio, hatte nur vereinzelte Aufklärungsflieger gemeldet, die nach Meinung aller jedoch keinerlei Gefahr bedeuteten. Es war spätabends und ich sowie meine Brüder lagen schon im Bett, als die Bomben fielen. Wie gesagt, der vorher gegebene Fliegeralarm hatte uns nicht aus den Betten geholt. Die Fenster im Hinterhausbereich, es war die Seite zur Innenstadt gelegen, waren von der Druckwelle, welche die Bombenexplosion verursachte, alle zerborsten. Der Strom war ausgefallen. Alle Bewohner des Hauses rannten, so schnell sie konnten, runter in den Luftschutzkeller. Es blieb jedoch bei diesem einen Bombenabwurf. So kamen alle denn, Gott sei Dank, nur mit dem Schrecken davon. Später wurde bekannt, daß das Cafe Keller in der Schloßstraße getroffen wurde. Zum Zeitpunkt des Angriffs hielten sich dort Nutten von der Wasserturmsmauer, dem damaligen Bordell in Koblenz, auf. Einige davon seien dabei zu Tode gekommen.
Wegen der zunehmenden Bombengefahr, ist in den Schulen der Städte die sogenannte Kinder- Landverschickung (KLV – Lager) durchgeführt worden. Damit sollte, so wie man sagte, der Nachwuchs der deutschen Volkes vor den Kriegseinwirkungen geschützt werden. Auch die Kinder meiner Klasse sind bei Daun in der Eifel untergebracht worden. Ich jedoch, wurde bei der Kinder- Landverschickung wegen meines Asthmaleidens ausgeschlossen. Der Aufenthalt in den Lagern dauerte jeweils ein halbes Jahr. Während dieser Zeit wurde ich einer anderen Klasse zugeordnet. Meine Mutter war darüber heil froh und sagte: „Junge, es ist gut, daß Du hier bleibst. Man weiß nicht, was noch alles passieren kann. „ Ob sie wohl was geahnt hat? Es dauerte nicht lange, da kam eine schreckliche Nachricht aus Daun. Bei einem Tieffliegerangriff auf eine Scheune kamen dort sechs Klassenkameraden von mir ums Leben. Krämers Julius, ein Freund und Spielkamerad aus der Görresstraße befand sich auch darunter. Welch ein schlimmes Erlebnis für die Mitschüler.
Am 20. April, war des „Führers“ Adolf Hitler 55. Geburtstag. Die Straßen und Häuser
waren mit vielen Hakenkreuzfahnen geschmückt. In den Schaufenstern der Geschäfte standen jede Menge Hitlerbilder und das Emblem 55, umgrenzt mit Eichenlaub und goldenem Lorbeer. Viele Veranstaltungen fanden statt und ich, mit Fanfarenzug, marschierte wieder durch die Schloßstraße. Auf dem Thingplatz vor dem Schloß wurden große Reden gehalten, obwohl die Kriegsereignisse schon zu dieser Zeit katastrophale Auswirkungen zeigten. Nun ja, dieser Tag ging auch vorbei.
22. April 1944. Es war gegen Abend. Ich spielte mit den anderen Kindern in der Dämmerung noch auf der Straße. An den Fenstern der Häuser hingen noch einige
Fahnen vom vorangegangenen Geburtstag des „Führers“. Plötzlich gaben die Sirenen sofort Vollalarm. Nach den Meldungen des Drahtfunks, waren größere Flugzeugverbände direkt im Anflug auf Koblenz. Anstatt sofort den Luftschutzkeller aufzusuchen, standen viele Leute noch auf der Straße und versuchten, die deutlich sichtbaren Flugzeuge zu zählen. Dem Geräusch nach waren es schwerbeladene Bomber.
Plötzlich sah man, wie die Flugzeuge der jeweiligen Verbandsspitze ihre Rauchkaskaden, das waren die Markierungen für die Bombenteppiche, abwarfen.
Danach war auch schon das Rauschen der Bomben zu hören und alle rannten, so schnell sie konnten, um in den Luftschutzkeller zu kommen. Wie das gewesen ist, daran kann ich mich heute nicht mehr so recht erinnern. Es waren ja nur Sekunden. Auf jeden Fall habe ich den Schutzraum noch gut erreicht. Alle Hausbewohner waren schon im Keller, als die Bomben auf den Stadtteil niederfielen. Das Licht ging aus und der Keller wurde von schweren Detonationen erschüttert. Alle saßen im Dunkeln und schrien aus Angst um ihr Leben. Unser Haus wurde bei diesem Angriff, Gott sei Dank, nicht getroffen. Die Häuser auf der anderen Straßenseite, so stellte sich nach der Entwarnung heraus, brannten teilweise lichterloh und waren zerstört. Alle Leute versuchten, an Habe zu retten, was zu retten war. In der Görresstraße hat dieser Angriff gottlob keine Todesopfer gefordert. In anderen Nachbarstraße waren jedoch einige Menschenleben zu beklagen. Gegenüber von uns auf der anderen Seite der Straße, wohnte die Familie Hörter. Diese hat ihre Wohnung durch den Angriff verloren und ist danach in die erste Etage des Hauses, in dem wir wohnten, eingezogen.

Die dort wohnenden Hausbesitzerinnen, zwei ältere Damen mit Namen Kröber, sind wegen der Bombengefahr vorher nach Wiesbaden umgezogen.
Die Familie Hörter hatten zwei Kinder, Karola und Willi. Mit denen waren wir sehr gut befreundet. Willi machte später kommunal politische Karriere mit dem Ergebnis, lange Jahre bis 1994, Oberbürgermeister der Stadt Koblenz gewesen zu sein. Er ist im Jahre 1996 im Alter von 66 Jahren schon gestorben.

Anfang Juli 1944, war der nächste Fliegerangriff auf Koblenz. Betroffen davon wurde insbesondere die Stadtmitte sowie die Neustadt. Der Angriff erfolgte tagsüber und forderte über zweihundert Tote. Zwei Tage danach. Die Opfer waren größtenteils geborgen und standen in Särgen vor der Friedhofshalle zur Bestattung bereit. An diesem Tag ging ich zum Friedhof, um die Blumen und Pflanzen auf Vaters Grab zu gießen. Das Grab befand sich ziemlich oben auf der Karthause, unter dem Hüberlingsweg.
Daher benutzte ich den Friedhofseingang von der Karthause her. Ich war noch nicht am Grab, da gab es Fliegeralarm. In der Nähe des Grabfeldes befand sich am oberen Hauptweg ein altes Fort. Es war ein Bruchsteingebäude aus früheren Zeiten, mit einer sehr dicken Außenmauer. Der Innenraum konnte etwa 50 Menschen aufnehmen und war als Luftschutzraum eingerichtet. Es dauerte nicht lange, und der Raum war voll besetzt. Alle bangten und hofften, daß nichts passiert. Nach kurzer Zeit, hörte man die Flugzeuggeschwader anfliegen und die Flak (Flugabwehrkanonen) drauf los ballern. Plötzlich ging der Bombenhagel los. Insbesondere der Stadtteil Goldgrube und der Friedhof wurden diesmal stark getroffen. Die Schreckensszene in dem Schutzraum kann man kaum mehr in Worte fassen. Aus Angst haben sich alle Rauminsassen mit den Händen förmlich ineinander gekrallt, so daß die Fingernägel des jeweiligen Nachbarn blutige Spuren hinterließen. Mehr war jedoch gottlob nicht geschehen.
Nach der Entwarnung ging man raus ins Freie. Strahlender Sonnenschein, so, als sei gar nichts gewesen. Aber hier konnte man im wahrsten Sinne des Wortes sagen, der Schein trügt. Etwas weiter weg waren Gräber durch Bombentrichter aufgerissen und Teile des Grabinhalts, so gelinde bezeichnet, hingen in Büschen und Bäumen.
Einige Bomben sind in die vor dem Leichenhaus aufgebahrten Särge der Opfer des vorherigen Angriffs geschlagen und haben alles zerfetzt. Ein gräuliches Szenario für mich als zwölfjährigen Jungen. Ich lief so schnell ich konnte wieder nach Hause, ohne mein Vorhaben erledigt zu haben. Die Görresstraße ist bei diesem Angriff verschont geblieben, jedoch wurde unsere Kastorschule völlig zerstört
Der Bassenheimer Hof, meine Ursprungsschule wurde auch getroffen. Daher mußten die Kinder beider Schulen rüber nach Lützel, in die dortige Schule gehen. Lützel liegt auf der anderen Moselseite von Koblenz. Wenn dann während des Unterrichts Alarm gegeben wurde, gingen alle Klassen geschlossen in den Schutzkeller der Schule. Mich hätten da keine zehn Pferde hinein bekommen. Ich bin dann ausgerissen und lief nach Hause. Der Weg dorthin war ja nicht weit. Oftmals lief ich dann schon durch den dichten künstlichen Nebel, der bei Luftalarm als Schutzmaßnahme für die Koblenzer Brücken erzeugt wurde. Wenn ich den künstlichen Nebel einatmete, bekam ich immer regelrechte Hustenanfälle und beim Atmen wurde die Luft recht knapp. Aber was soll‘s? Ich sagte mir: „Wenn du schon kaputt gehen sollst, dann doch lieber daheim bei Muttern!“

Die nun häufiger stattfindenden Fliegeralarme und die erlebten schrecklichen Angriffe, haben das Leben von uns Kindern völlig verändert. Jedesmal wenn die Sirenen heulten, egal ob bei Tag oder Nacht, ging dies auch durch Mark und Bein und ich bin gelaufen. Nach dem schweren Angriff im April, ging ich nicht mehr in den Schutzraum unseres Wohnhauses, sondern suchte nach Möglichkeit den Luftschutzbunker in der Nagelsgasse auf. Hierin fanden mehrere hundert Menschen Schutz und man war vor Bomben absolut sicher.
Es war Herbst 1944. Mein Bruder Erhard wurde zum Volkswagen - Vorwerk nach Braunschweig versetzt, um seine Ausbildung zum Betriebselektriker fortzusetzen. Der Bruder Alfred dagegen, begann nach seiner Schulentlassung eine Ausbildung als technischer Zeichner heim Bauamt der Stadtverwaltung Koblenz. Nach meinen damaligen Vorstellungen, wäre ich gerne Autoschlosser geworden. Meine kindliche Begeisterung für diesen Beruf rührte wahrscheinlich daher, daß mein Vater früher ein Auto der Marke Opel- P 4, besessen hat. Es war ein Zweisitzer mit einem großen Kofferkasten am Heck des Wagens. Wenn vor dem Krieg mal eine Autotour gemacht wurde, dann mußten die kleinen Kinder hinten im Kasten sitzen. Nach den heutigen verkehrsrechtlichen Bestimmungen, wäre so was nicht mehr zulässig, aber gewisse Vorsicht wurde den Kindern schon von den Eltern anerzogen. Herrlich war es dann, so windgeschützt in der frischen Luft zu sitzen und die Landschaft vorüberziehen zu sehen
Nach diesem kleinen Rückblick nun wieder zum November 1944. Es war am 6. so gegen Abend.
Der Drahtfunk im Radio, welcher wegen der Information über das Geschehen im deutschen Luftraum ständig gehört wurde, meldete einige Aufklärungsflugzeuge, die sich im Anflug auf die Westgrenze näherten. Es gab daraufhin Voralarm. Ich sagte zu meiner Mutter: „Es ist ja noch keine besondere Gefahr. Ich gehe aber trotzdem schon vor zum Schutzbunker. Dort treffen wir uns mit ein paar Jungen und spiele vor dem Eingang auf der Mundharmonika. Du weißt ja, wie wir das schon öfters getan haben!“
Es war schon dunkel, als plötzlich Vollalarm gegeben wurde. Meine Mutter kam nicht mehr dazu, den Bunker aufzusuchen, so schnell ging alles. Die Bombengeschwader waren schon zu hören und alle, die draußen standen, wurden in den Bunker gedrängt,
bevor die gasdichten Stahltüren geschlossen wurden. Kaum war dies geschehen, detonierten schon die ersten Bomben. Ziel dieses Angriffs war hauptsächlich die Altstadt. Über zwanzig Minuten lang fielen pausenlos Bombenteppich auf Bombenteppich. Der Bunker in der Nagelsgasse wurde auch mehrmals getroffen. Man merkte es an den gewaltigen Erschütterungen. Die Stromversorgung war ausgefallen und die Notbeleuchtung funktionierte nicht. Im Dunkeln fingen alle laut an zu beten. Im Raum, in dem ich mich befand, war ein Kaplan von St. Kastor der es versuchte, den Anwesenden durch die „Generalabsolution“ beruhigenden Trost zu spenden.
Nach einer Weile kamen die ersten Meldungen von draußen, daß in der Altstadt fast alles zerstört sei und dort ein Flammeninferno herrsche. Ich hatte panische Angst um meine Mutter, die ja daheim geblieben war. Zwischen den Beinen der am Ausgang stehenden Menschen, kroch ich nach draußen und rannte heulend in Richtung Görresstraße. Ich nahm die Abkürzung durch den Hof des Katholischen Lesevereins Eltzerhof- straße. Der sich mir bietende Anblick war unbeschreiblich. Durch den gewaltigen Brandherd wurde ein regelrechter Feuersturm entfacht. Rauch, und Funkenflug erschwerten mir das Weiterkommen bis zu unserem Wohnhaus. Brennende Dachbalken stürzten auf die Straße nieder.
Aus den Häusern flogen allmögliche Gegenstände, die vor dem Raub der Flammen gerettet wurden. Ich erreichte, Gott sei Dank, heil das Haus Görresstraße 2. Außer den Türen und Fenstern war hier alles ganz geblieben.
Die Bewohner des Hauses, so weit sie nicht im Bunker waren, befanden sich alle noch im Luftschutzkeller, darunter auch meine Mutter. Weinend und glücklich fielen wir uns in die Arme und waren froh, daß niemandem etwas passiert ist. In der Wohnung war jedoch, kein Aufenthalt mehr möglich.
Wie bereits erwähnt, waren Türen und Fenster kaputt und weder Strom noch Wasser vorhanden. Meine Mutter und ich suchten daher Unterkunft im Luftschutzbunker Nagelsgasse. Die Kriegsfront von Westen her kam immer näher. Wegen der umfangreichen Zerstörung der Stadt Koblenz durch die Bombenangriffe, wurde die Evakuierung eines Teils der Bevölkerung, deren Anwesenheit nicht unbedingt erforderlich war, eingeleitet. Bis zum 11. November hausten wir dann unter primitivsten Verhältnissen im Luftschutzbunker. Nach dem wir ein paar Habseligkeiten, es waren zwei Koffer mit Klamotten, eine große Waschbütte mit Bettzeug und die Nähmaschine zum Bahnhof bringen konnten, wurden wir in einen Sammeltransport, der nach Thüringen ging, aufgenommen. Das übrige Hab und Gut mußten wir im Stich, lassen. Ein bestimmter Zielort, war uns bei der Abreise nicht bekannt. Freunde und Bekannte haben wir zurückgelassen. Ob es jeh ein Wiedersehen mit denen geben würde, war nicht abzusehen. Auch wußte zu dieser Zeit noch niemand, wann und wie der schreckliche Krieg zu Ende sein würde.
Eines durften wir zu diesem Zeitpunkt auf jeden Fall hoffen, daß wir wenigstens vorerst dem Bombenterror ausweichen konnten.
Wenn man zum heutigen Zeitpunkt, wo ich hier darüber berichte überlegt, welche psychischen Belastungen einem als junger Mensch dadurch entstanden sind, kann man nur dem Herrgott danken, daß hieraus keine schlimmeren Folgen erwachsen sind.
Eines steht fest, auch heute noch geht es mir durch Mark und Bein, wenn am ersten Samstag im Monat probeweise das Sirenengeheul ertönt
Welche Entwicklung die Kriegsereignisse noch nehmen würden, konnte jedoch niemand voraussehen. Die Stimmung in der Bevölkerung war zu diesem Zeitpunkt im Hinblick auf das Kriegsgeschehen und die lt. Nachrichten erzielten „Erfolge“ ja noch relativ gut. Glaubte doch die Mehrheit der Leute noch, der Krieg würde irgendwann einmal siegreich enden.
Es war ein Trugschluss, der den Menschen von hirnverbrannten Fanatikern eingeimpft wurde und diese in das größte Chaos der Menschheitsgeschichte gestürzt hat.
Ist es jetzt auch wieder so weit ??????????


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