Neu hier? Lies hier über unser Motto gemeinsam statt einsam.
Mitglied werden einloggen




Passwort vergessen?

Für Gestaltung und Inhalt dieser Regionalseiten sind ausschließlich die jeweiligen Regionalbotschafter verantwortlich. Die von den Regionalbotschaftern eingegebenen und heraufgeladenen Inhalte unterliegen grundsätzlich weder einer Kontrolle durch Feierabend, noch nimmt Feierabend hierauf Einfluss. Hiervon ausgenommen sind werbliche Einblendungen und Beiträge die von Feierabend direkt eingestellt wurden und als solche gekennzeichnet sind.

Eine eindrucksvolle und nachhaltige Begegnung

Es war im Sommer 2001.
Nach meinem 3. Herzinfarkt und der abgeschlossenen REHA, musste ich mich wegen einer Nachuntersuchung in das Krankenhaus Marienhof in Koblenz begeben. Im Anmeldebüro hat man mir die Zimmernummer genannt, wo ich "einquartiert" werden sollte. Eine Krankenschwester war mir bei der Suche behilflich und machte mich vor dem Betreten des Zimmers darauf aufmerksam, dass mein Mitpatient im gleichen Zimmer blind sei. Ich sagte: "Mir macht das nichts aus. Im Gegenteil, gerne werde ich mich mit dem Mann unterhalten". Hatte ich doch selbst in 1999 einen Hirninfarkt, bei dem ich alles nur noch halbseitig sehen konnte. Alles, was im linken Sichtfeld war, ist dunkle Nacht gewesen. Gott sei Dank, hat sich meine Sehkraft, bis auf kleine Fehler, wieder hergestellt. Die Schwere des Sehverlusts ist mir da sehr bewusst geworden und auch nahe gegangen.
Nach den routinemäßigen Aufnahmeuntersuchungen entwickelte sich zwischen dem Herrn und mir eine sehr rege Unterhaltung. Ich stellte mich vor und erfuhr dabei, dass es sich bei meinem "Zimmergenossen" um einen Herrn Dr. phil. ST. handelte. Ein für mich sehr sympathischer älterer Herr, zu dem ich direkt volles Vertrauen hatte. Meine Menschenkenntnis und mein Gefühl sagten mir, das ist ein edler Mensch!
Es war Vormittag und wir hatten Zeit, uns den ganzen Tag über, bis in den späten Abend hinein, gegenseitig aus unserem Leben zu erzählen. Wir tauschten Kriegserlebnisse aus und Herr Dr. ST. erzählte mir, wie es im 2. Weltkrieg an der Ostfront zu seiner schweren Verwundung, die den Sehverlust zur Folge hatte, gekommen ist. Im Herzen hat mir der Mann sehr leid getan. Ergriffen war ich als er mir erzählte, mit welcher Geduld und Energie er seinen Studienweg, trotz Verlust des Sehvermögens erst begonnen, und abschließend als Dr. phil. promoviert hat.
Im Nachhinein erfuhr ich von einer meiner Schwiegertöchter, dass sie ihr ABI bei ihm gemacht hat.
Da ich ein paar Jahre jünger bin (Jahrgang 1932) war ich noch kein Soldat. Trotzdem habe ich ihm meinen Lebensweg geschildert und dabei auch von den schrecklichen Bombenangriffen auf meine Heimatstadt, bei denen der Tod oft nahe war, erzählt. Von meinen Berichten über die Zeit als Gastarbeiter in Luxemburg - siehe unter Erzählungen -, war der Mann sehr angetan. Es gab auch schöne Dinge von Familie und Hobby zu erzählen. Die Nacht war daher kurz.
Es waren nur 24 Stunden, die wir gemeinsam im Zimmer verbrachten. Ich musste morgens zur Katheter- Untersuchung ins OP und mein Herr Dr. ST. wurde entlassen. Seine Frau holte ihn ab, die ich bei der Gelegenheit als eine sehr nette und aufgeschlossene Person kennen lernte.
Ich selbst war früher nebenberuflich Tanzmusiker und betreibe dieses Hobby bis zum heutigen Tage nur noch als Hausmusik.. Mein gesamtes Repertoire an Musikstücken habe ich auf dem Keyboard gespielt und auf Tonkassetten und CDs "konserviert". Einige Exemplare davon habe ich ständig im Gepäck. Als Andenken an die kurze, aber sehr unterhaltsame Zeit des Zusammenseins im Krankenzimmer, schenkte ich beim Abschied Herrn Dr. ST. eine CD von mir mit Melodien zum "relaxen".
Im Laufe unserer Unterhaltung sagte mir Herr Dr. ST. auch, dass er, gemeinsam mit seiner Frau monatliche Hörkassetten, und in jedem Vierteljahr ein "Buntes Band" für die blinden Kameraden und Kameradinnen zusammenstellen würde. Wie war ich daher, als ich wieder zu Hause war, erstaunt und sehr erfreut, als mich Herr Dr. ST. anrief und mich um Erlaubnis bat, einige Musikstücke von mir für seine Kassetten verwenden zu dürfen. Gerne sagte ich zu und damit begann der Auftakt zu einer guten und freundschaftlichen Zusammenarbeit mit Herrn und Frau ST.
Da ich auch einige Gedichte geschrieben und eigene Musikstücke komponiert habe, konnte ich ab dem Zeitpunkt einen schönen Beitrag zur Unterhaltung der blinden Menschen leisten. Für mich war und ist dies eine große Freude und besondere Ehre.Das eingefügte Foto stammt von meinem 70. Geburtstag.

Als ich in den "Ruhestand" ging begann ich damit, meine Lebensgeschichte von der Kindheit bis zum Ende meiner Dienstzeit zu Papier zu bringen. Das "Manuskript" trägt den Namen: "Wie ein Vogel im Wind". Wahrlich, mein Leben verlief in Turbulenzen mit Höhen und Tiefen, wie bei einem Vogel im Wind.
Daraus geht hervor, dass es sich um eine sehr interessante Lektüre, besonders für die Menschen unserer Generation, handelt. Diese "Geschichte" wurde von mir auf insgesamt 4 X 90 Min. Tonkassetten gelesen, welche ich Herrn und Frau ST. für die Herstellung der Blinden- Kassetten zur Verfügung gestellt habe. Ich bin erfreut darüber, mit welch positiver Resonanz meine Geschichten "angekommen" sind. Einige der Zuhörer haben mich persönlich angerufen und mir ihre Freude über diese meine Beiträge zum Ausdruck gebracht.

Durch viele Krankheitsereignisse musste ich gar manche Lebensqualitäten einbüßen. Hörverlust auf beiden Ohren, Tinnitus bis zur Verzweiflung infolge eines schweren Motorradunfalles (doppelte Schädelbasis- Fraktur). Nach einem schweren Hinterwand- Infarkt mit Herzstillstand betrachte ich dennoch mein Leben aus einer anderen Sicht und freue mich über jeden Tag, den mir der Schöpfer schenkt. Hierzu verhilft mir auch meine liebe Frau, mit der ich bereits über 50 Jahre mein Dasein in Liebe verbringen darf.

Vielleicht ist diese meine Geschichte einen weiteren Beitrag in den Themen des Feierabendclubs bei den Regionalen der Deutsch- Luxemburgischen Grenzregion wert und findet sogar ein reges Interesse.

Dies wünscht von Herzen
Euer
WERNER,
der MUSIKSTYLIST!

Foto:
Ehrenfriedhof in Weiskirchen von Liesel Reinert


Artikel Teilen

 

Artikel bewerten
5 Sterne (4 Bewertungen)

Nutze die Sterne, um eine Bewertung abzugeben:


0 0 Artikel kommentieren
Regional > Deutsch-luxemburgische Grenzregion > Erlebnisberichte > erlebnisse