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Schluchtensteig 2.-5. Tag

fid

2. Tag ...

Als ich meine Augen öffnete, lag ich in einem mir völlig unbekannten Bett. Dann dämmerte es, na klar ich war ja auf der Spur in die Wutachschlucht. Draußen zwitscherten keine Vögel, doch es dröhnten die Motore der Arbeitswilligen, oder Unwilligen und es war 6:15 und höchste Zeit für eine warme und eine kalte Dusche. Mein Gehwerkzeug salbte ich mit viel Gefühl ein, denn es stand ein langer Marsch bevor. Den XXXL stopfte ich nach keinerlei Prinzip wahllos voll, schwang ihn auf meinen Rücken, ohne meinem Kreuz zu sagen, welches Kreuz auf es zukommen wird.
Wozu auch, man soll niemand vorher verrückt machen.
10 Minuten vor der Zeit, also vor der Eröffnung der Frühstücksbar saß ich bereits und knusperte ein Muesli und verdrückte anschließend einen Apfel.

Zwischenzeitlich kam ein schnieges junges Pärchen reingeschneit, geschneit deshalb, da sie völlig in Weiß - Weiß und im Partnerlook ausgestattet, wortwörtlich wie zwei Schneeflocken daher schwebten.
Die super Wanderpaten quietschten beachtlich wie vor einer ersten Tour. Wie ich dann mitbekam, hatten sie mit Rucksacktransport gebucht von Bleibe zu Bleibe und es gab ein Vesper zum Mitnehmen, er mit Wurst und Käse, sie streng Vegan.
Mich trieb es an die frische Luft und ich pfiff mir eins. Das Städtchen unter mir war rasch durchwandert und gespannt ging es in Richtung Wutach.
Vor der Freude in ein Wanderabenteuer zu stürzen, gab es aber erst einen 2 stündigen Kampf der Kulturen hinter sich zu lassen.
Über mir tobte ein Luftkampf der verschiedenen Airlines, die mit ihren menschlichen Lasten in alle Himmelsrichtungen kreuz und quer dort oben sich Konkurrenz boten. Der internationale Flughafen Zürich ist nicht weit weg. Während auf der linken Seite eine Autostraße, die 314er verläuft, auf der sich den Geräuschen nach ganze Scharen von Selbstmordattentäter Rennen lieferten. Es schien mir so, als wenn es um Leben oder Tod ginge. Das Rauschen der Wutach rechts von mir, der ich des Öfteren nahe kam, hörte ich nicht. Aber ich sah sie wenigstens lustig und lebendig und schon sogar etwas wild und verwegen über die Steine huschen.

So geräuschgepeinigt, gelangte ich an eine Kreuzung, die mich weg von der Wutach aber eigenartigerweise über eine Fußgängerbrücke führte, die die verkehrsüberkochende 314 überspannte und mich direkt vor die Werkstore einer riesigen Farbenfabrik führte.
Der Pförtner dort am Tor sprach mich an. <Ja, man sei im Moment in einer schlechten Personalbesetzung und es könnte sicher nicht schaden, dabei musterte er mich von oben bis unten, wenn ich statt zu betteln eventuell ein paar Stunden bei ihnen Farbe anrühren wollte. 7,80€ frei auf die Kralle + 10 Liter Farbe frei, wollte man löhnen.>
Ehrlich, ich hab´s mir überlegt, es wäre ein schöner Batzen Geld gewesen. Nur wo packe die verdammte Farbe hin?
Deshalb fragte ich den Wegelagerer höflich nur nach dem Weg und bedankte mich für sein großzügiges Angebot. Aber dann kam er endlich, der sehnlichst erwartete Einstieg.
Wer den Wutachschlucht - Wandersteig beschreiten will, wird erst einmal darauf hingewiesen, dass es gefährlich ist diesen Steig zu betreten - vor allem nicht mit ‚High Heels‘ und so -. Dazu stehen in Sektionen verteilt Warnschilder mit der Aufschrift zum Beispiel: Rettungsbereich Z1 oder X3 usw. unter dem Notruf 112 erinnert, mit der Maßgabe, den Rettungsbereich anzugeben, vor allem wenn man abgestürzt ist. Problem allerdings ist es mit dem Handy die hilfsbereite Bergwacht zu informieren, denn meist steckt man in einem Funkloch.
Ich wische mir alle Sorgenfalten von der Stirn und genieße die Romantik und Ursprünglichkeit des wilden Wassers. Fast wäre ich über einen Feuersalamander gestolpert und es macht mir Freude, diesen so selten gewordenen Gesellen zu betrachten. Der Wald selbst ist meist buchenbewachsen und es ist Urwald angesagt, alles was fällt bleibt so liegen wie es gerade gefallen ist. Nur die schlüpfrigen Steigen werden freigehalten. Urige Felsformationen sind moosig grün bewachsen und oft muss man sich schlangengleich um sie herumwinden. Und unter dir die wildschäumende Wutachklamm.

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Plötzlich über mir das heißere Bellen eines Rehbockes -es geht langsam in die Zeit des Liebesrausches-. Bei meinem Vater habe ich gelernt die Ricke zu spielen. Er gibt keine Antwort mehr, er hat mich in den Wind gekriegt. Gut, alter Bursche, denke ich und Schlaumeier dazu.
Ganz unerwartet ist vorerst die Schlucht zu Ende und ich bin enttäuscht. Vor mir eine Landschaft, leicht hügelig, ein Patchwork aus grünen mageren Wiesen und genauso armen Ackerböden. Gut genug um Kartoffel anzubauen und vielleicht etwas Korn. Aber wunderhübsche Blümchen gab es und schnell hatte ich ein Sträußchen an meinem verwegenen Breitkremper aus Australien gesteckt.
Krokusse blühten in blaulila Feldern und ich entdeckte eine Orchidee, die mir völlig unbekannt war. Sie wanderte in mein Tagebuch zum Trocknen.
Zum Buchberg weist der Weg. Und noch mit einem Lachen im Gesicht nehme ich den Anstieg. Doch der Buchberg verlangt stramme und ausdauernde Waden. Trotz meinem Training merke ich die Anstrengung und bin glücklich, dabei schnaufend wie eine alte Dampflok, als ich auf 876 Meter oben stehe.

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Das Wetter ist nicht optimal, ehrlich gesagt eher mies. Aber das macht mir kein Verdruss. Wetter und ich, wir mögen uns, egal wies auch stehen mag.
Kramen in meinem XXXL Begleiter. Wasserflasche, Nüsse und Rosinen (Dank an meine Frau) und den Apfel. Das habe ich mir bei einer tollen Aussicht verdient. Dann bekomme ich Besuch. Es ist eine Wespe, die einzige wie es scheint hier oben, ich lasse sie an meinem kargen Mal teilnehmen und sie sitzt auf meinem angebissenen Apfel und tut sich gütlich.
Der Abstieg nach Blumberg ist so gemütlich wie der Aufstieg. Die Oberschenkelmuskulatur ächzt; Blumberg ist ein schönes altes Städtchen.
Von hier kann man auch in die berühmte historische Sauschwänzle Bahn steigen. Ein besonderes Vergnügen und ein besonderer Spaß, den ich nicht genießen kann.
Das Schild weist mich hinab in die Schlucht zum Schleifenbachwasserfall über eine lange Leiter. Vor dem Einstieg ein Warnschild: Weg gesperrt wegen Erdrutsch!
Rutscht mir doch den Buckel runter, wer wagt gewinnt. Ich habe gewonnen und es war gar nicht schwierig den rutschenden Buckel zu umgehen.
Jetzt geht’s wieder in Richtung Wutachschlucht und nach einem eigentlich langen und langweiligem Hatsch, stehe ich endlich gegen 16 Uhr an der Wutachmühle. Den Eingang zum interessantesten Abschnitt der Schlucht und ich machte mich bereit hinauf zu stürmen in die spannende Urlandschaft der wilden Wutach.

Gestärkt durch einen kräftigen Schluck aus der Wasserflasche und einer Handvoll Nüsse, den langsam unangenehm drückenden Rucksack auf dem Rücken, versuche ich in die Tiefe der Schlucht einzudringen.
Doch schon am Eingang werde ich von Schülerhorten einfach überrannt und gehe zu Boden. Der Vorderste dieser Bande hatte den für mich fatalen Ruf ausgestoßen: 'Eis' - und dies geriet zu meinem Verderben. Mädchen- und Bubenbeine mit Wanderschuhen und Sneakers begleitet, trampelten auf mir herum. Sie rannten wie bei einer Stampede von wildgewordenen Rinder im Wilden Westen über mich hinweg. Die Nachhut zwei im Leide ergraute Lehrkräfte stellten mich wieder auf die Beine und klopften mir den Staub von Hunderten Schuhen aus der ramponierten Kluft. <Sollen wir Sie ins Krankenhaus bringen um Röntgenaufnahmen zu machen?> Ich schüttelte sämtliche Gliedmaßen und befand mich ganz in Ordnung nach der Massage und wünschte den Beiden weiterhin viel Vergnügen bei ihren Erziehungsversuchen.
Gerade aufgerappelt startete ich zum zweiten Versuch.
In diesem Moment quoll aus dem Höllenschlund ein ganzer Schwall Rentner. Alle ausgestattet mit spitzen Nordic Walking Stöcken der Marke „Stich den Buben“. Und sie stachen auf mich ein. Der Schlachtruf: 'Kaffee und Kuchen' hatte aus der sonst sicher friedlichen Schar einen wüsten Haufen stechender und um sich schlagender Landsknechte gemacht. Es gab keine Chance den Lanzenwall zu durchbrechen und so musste ich zum Äußersten greifen -meinem Handy -.
Nun, ich gebe zu, es mag von mir feige erscheinen, aber total plattgetreten und durchlöchert rief ich meine Schwester an und bat sie um Abholung und ein Nachtlager. Man muss wissen, meine jüngste Schwester lebt in Lenzkirch im Hochschwarzwald und nicht so weit entfernt vom Ein- oder Ausstieg zur Schlucht aller Träume. Und sie hat mir versprochen mich nicht zu verraten, dass ich eine kleine Abkürzung gewählt hatte.
Und noch was – die Schlucht zwischen Lenzkirch und der Wutachmühle habe ich schon einige Male durchstiegen. Aber früh am Morgen, wenn Schüler und Senioren sich im ruhigen Schlafe wiegen.

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3. Tag ...

Da ging es nach einer guten Verpflegung und einer gemeinsamen Flasche Spätburgunder, sowie dem Auffüllen der Vorräte (Schwestern sind wie die eigene Frau) von Lenzkirch nach St. Blasien über den höchsten Fußballplatz Deutschlands, der über 1100 Meter hoch liegt und wahrscheinlich nur mit Sauerstoffmasken bespielbar ist, dann wieder mit schmerzenden Wadenmuskeln nach unten dem Schluchsee, ich nannte ihn in meinem Zustand „Schluchzsee", zu. Mit leichtem Hinken und mit letzter Kraft marschierte ich hoch erhobenen Hauptes in St. Bläsi (St. Blasien) ein.
Trotz schmerzendem Wehzeh besuchte ich den Dom. Als ich noch ein kleiner Junge war und immer sehr aufsässig, hat mir mein Vater des Öfteren gedroht, mich dort ins Internat zu den Jesuiten zu stecken. Deshalb dachte ich mir, guckste jetzt mal diesen Platz meines kindlichen Schreckgespenstes an.

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4. Tag ...

Gestärkt und voll Zuversicht habe ich die nächsten 20 Kilometerle (normal sind für mich zwischen 30-40 km/Tag) unter meine Hufe genommen. Meine Füße hatten sich gut erholt und mein Rücken und der Rucksack waren richtige Freunde geworden. Wenn man Glück hat, ich hatte keines, sieht man auf der Strecke Eiger, Mönch und Jungfrau und vor Todtmoos gab´s noch als Betthupferle, eine Schlucht zu durchsteigen.
Todtmoos selbst war absolut tot. Mir schien es so als sei ich der Einzige dort. Alles was einem Wanderer Atzung anbieten konnte war geschlossen und so kaufte ich mir in einer Metzgerei ein zünftiges Abendvesper und schlief dann in meiner Herberge ohne Service wie ein Wickelkind selig und süß mit Träumen von Karl May begleitet.

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5. Tag ...

Auf ein Frühstück musste ich an diesem Morgen verzichten. Es gab stattdessen Wasser aus dem Hahn. Mein letzter Wandertag lag vor mir. Erst ging es durch das tote Todtmoos über duftige Wiesen und guten Aussichten meinem letzten Schluchtenabenteuer entgegen. Dort am Einstieg der Wehraschlucht angekommen schien es mir, dass ich ganz alleine auf der Welt sei. Im Gegensatz zur überlaufenen Wutachklamm, herrschte dort Besuchermangel, was heißt, ich war alleine on Tour.
Mir schien diese Schlucht interessanter als die der Wutach. Klar, ich war da vorher noch nie. Es war ein wunderbares Hinabwandern auf dem oft schmalen rutschigen Pfad.
So ganz alleine dachte ich mir, wenn du jetzt abstürzest, finden die dich erst wieder im Rotterdamerhafenbecken. Aber es ging alles nochmals glatt.
Schlussendlich kam ich am Dinkelberg heraus. Die Sonne schien mir zum Lohne und ich setzte mich dort auf eine Bank um meine restlichen Nüsse und Rosinen zu knabbern, damit meine Frau nicht denken muss, es hätte mir nicht geschmeckt.
So stiefelte ich erfüllt von alldem Erlebten nach Wehr hinunter zum Zügle und über Basel ging´s zurück in die Ortenau.
Dort erwartete mich eine gründliche Säuberung mit Seife und Wurzelbürste, frische Wäsche und ein eigenes Bett.

Autor: Fiddigeigei

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