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In den Schluchten des Balkans oder "Der Schluchtensteig"

Jeder Karl May Begeisterte kennt diesen Band aus der Abenteuerreihe des phantasiebegabten Schriftstellers, der nie am Ort seiner Geschehnisse weilte. Ich habe den Roman als Jugendlicher gelesen, außer den berühmten Wildwestgeschichten von Old Shatterhand und Winnetou, die zur Pflichtlektüre gehörte. Wir Jungen gaben uns die Namen der Helden und kämpften im Wald als Indianer gegen den Weißen Mann.
Als ich erfuhr, dass es jetzt einen Schluchtensteig zu erwandern gibt und dieser sogar in meiner ehemaligen Heimat liegt, hatte ich meinen Entschluss schnell gefasst:
Der Schluchtensteig
im Naturpark Südschwarzwald muss mein werden!

steig

Erster Tag „Die Anfahrt“

Schon die Anfahrt zum Ort meiner Wanderbegierde versprachen Abenteuer über Abenteuer.
Natürlich kam ich zu spät von zuhause weg. Natürlich waren die Straßen zum Bahnhof verstopft. Natürlich konnte ich wie immer dem Fahrkartenautomat der Bundesbahn nicht das winzigste Ticket entlocken. Natürlich flirtete der Schalterbeamte mit einer jungen Dame und nahm mich gar nicht wahr. Alles schien sich gegen mich verschworen zu haben.
Ich sah bereits meine Frau milde lächeln, wenn ich sie anrufen würde < Hallo Liebling, kannst du mich wieder abholen, mein Zug ist weg>.
Kalter Angstschweiß floss mir von der Stirne, als ich ohne Ticket zum Bahnsteig rannte, wobei mir mein „Mehreretages- rucksack“, einem Ungetüm mit seinen in Richtung 20 Kilogramm gehenden Gewicht - dank der Fürsorge meines um mich immer besorgten Eheweibe - unbarmherzig in den verlängerten Rücken schlug. Dabei hatte ich in einer heimlichen Nacht- und Nebelaktion runde 15 Kg bereits wieder in meinen Kleiderschrank zurück geräumt. Geschafft. Gerade konnte ich noch aufspringen. Mit Rucksack, aber als Schwarzfahrer. Das kostet wie ich weiß 40€ Strafe.

steig

Der Zug, der mich zu meinem Wanderparadies bringen sollte, war die InterRegio Strecke mit Start in der heimlichen Hauptstadt der Badener Karlsruhe und dem Ziel Konstanz D/ Kreuzlingen CH am schönen Bodensee gelegen, der auch fälschlicher Weise „Schwäbische Meer“ genannt wird, was jedem redlichen Badener die Zornesadern kräftigst anschwellen lässt.
Drinnen in diesem Doppelstöckigen Express,- der fast an jedem Misthaufen hält-, gab es kein Sitzplatz mehr. Alles voll. Das sollte mein Problem nicht sein. Hatte ich doch meinen XXXL- Rucksack dabei, auf dem bequem 2 Personen ein weiches Plätzchen finden konnten.
Das Problem war ein ganz anderes. Dieser Zug war komplett in Beschlag genommen und zwar in allen Stockwerken. Die Besatzer, ein Gymnasium scheinbar vollzählig und sogar die üblichen Schulschwänzer fehlten nicht. Der ganze Haufen Teenager war am Pubertieren; und wie! Sie lümmelten sich quer auf den Sitzen, klopften Karten und ein paar der älteren Sorte spielte scheinbar Ausziehpoker der verschärften Art. Die Kleineren turnten in den Haltestangen wie eine Affenherde. Die WCs waren dauerbesetzt und wahrscheinlich für Normalreisende bereits unbenutzbar geworden.

Gerade hatte ich es mir im Ausstiegsbereich gemütlich gemacht, als eine weißhaarige Gestalt auf mich zugewankt kam. Fahrkartenkontrolle. Vom Gesicht her konnte der Schaffner höchstens 30 Lenze zählen. Aber er sah so aus, als wenn er gerade der Hölle entkommen wäre. Seine Dienstkleidung hing ihm in Fetzen um den Leib, die wichtige Mütze, das Attribut eines Achtung heischenden Kontrolleurs fehlte ganz. Der Kerl war total ruiniert. Sein Umhängecomputer mit Minidrucker hatten sich die Kids gekrallt und versuchten damit zu simsen und als dies nicht möglich war das kleine Ding wenigstens als Nintendo zu verwenden. Chaos!
Ich bot dem Botschafter der Bundesbahn ein Plätzchen auf meinem Rucksack an und versorgte ihn mit Trinkwasser und einer Handvoll Nüsse aus meiner Notration. Dann erzählte ich ihm meine Story vom Fahrkartenautomat und dem Schalterbeamten und er machte mir glatt einen Sonderpreis. Besonders nachdem ich anklingen ließ, die Zustände in seinem Zug an oberste Stelle melden zu wollen. Wir wurden Freunde im Leid und tauschten unsere E-Mail Adressen.

steig

Es wäre so eigentlich alles zu ertragen gewesen, ja wenn diese Strecke in der Bergregion nicht durch ca.89 Tunnels geführt würde. Bei der Einfahrt in diese dunklen Röhren hat der Pubertätsverein so gequietscht, dass sich nicht nur mein Tinnitus, sondern das ganze Gehör verabschiedete und um mich herum sich eine friedliche Stille ausbreitete - was mir gut tat.
Endlich fuhr der Teenie Express des Karlsruher Gymnasiums in die Ebene des Hegaus ein und ich war an meinem Ziel Singen am Hohentwiel. Nach etwa 10 Minuten auf dem Bahnhof meldete sich langsam das Gehör inklusive dem dauertönende Tinnitus bei seinem Besitzer zurück.
Dann musste ich wieder rennen und der verflixte baumelnde Rucksack demolierte meine Kniekehlen. In letzter Minute und zum Schluss mit zusammengekniffenen Beinen erreichte ich wankend das Klo. Erleichterung machte sich breit

Der Singener Bahnhof liegt zwischen zwei Highlights. Auf der einen Seite erhebt sich die stolz Feste Hohentwiel welche mich immer an einen Lieblingsroman von V.v.Scheffel erinnert. Der “Ekkehard“: Der Mönch Ekkehard befand sich in den Klauen der schönen und verwittibten Herzogin von Schwaben. Aber er bestand tapfer- wie wir Männer nun Mal sind- alle Prüfungen, die von dieser Dame ausgingen. Die liebreizende Herzogin ging nach der aussichtslosen Liebe zu dem unbeugsamen Mönch, so viel ich es noch weiß, ins Kloster. Man nehme sich ein Beispiel, meine Damen!

Auf der anderen Seite geht’s nicht so prosaisch zu. Dort steht das Werk eines Mannes, ein Frauenfreund durch und durch. Er der Erfinder der Tütensuppen und der charakteristischen Flasche- die letztens im Sonderangebot- eine XXL Jubiläumsflasche zum L- Preis zu erhalten war-. "Herr Maggi". Ein geschäftstüchtiger Apotheker aus der angrenzenden Schweiz. Ein dreifach Hoch auf den Befreier der Frau vom Herde der Mühsalen und dem Erfinder des Geschmacksverstärkers.

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Nun heißt es umsteigen. Es geht mit dem InterRegio weiter, diesmal Richtung Basel. Mein Ziel Erzingen auf deutscher Seite. Das nützt aber nichts die Fahrt führt über alte Schmugglerpfade nach Schaffhausen CH. Meine Erwartungen von Deutschen Zöllnern die Worte zu hören: „Haben Sie etwas zum Verzollen“, wurde nicht gestellt und auch die wichtigste Sache- „Wie viel Geld führen Sie mit“, unterblieb. Stolz hätte ich verkünden können- nichts dabei außer 49€ und 27 Cent.
Nun blieb meine ganze Hoffnung einer Kontrolle beim Schweizer Zoll. Wie gerne hätte ich die Frage: „Hän si Ware debi“, gehört und dann geantwortet- „nüt debi!“ (schließlich bin ich Alemanne). Außerdem hoffte ich von den Schweizern eine kleine Karte zugesteckt zu bekommen mit der Adresse einer Schweizer Bank- „s chönt jo sie Sie hän überschüssige Euro in Ihrem große Säckli“.
All dies geschah nicht. Und so konnte ich Dank des zurückerlangten Gehörs den Rheinfall plätschern hören- was aber auch einer anderen Tonlage meines Tinnitus zu zuschreiben sein könnte.

Wenn man so durch die Schweiz fährt wird man den Eindruck nicht los- in der Schweiz gibt’s kein Dreck-. Alles picobello. Ich habe Mal gelesen in der Schweiz gibt es so viele Gastarbeiter, da hinter jedem Schweizer einer stehen muss, der sofort jeglichen Abfall beseitigt der anfällt. Selbst die Bäume scheinen so gezüchtet zu sein, dass sie auf keinen Fall Laub verlieren. Und da bekomme ich jetzt ein schlechtes Gewissen, weil ich gar nicht gerne Gehwege und Straßen kehre, obwohl doch meine Vorfahren aus diesem super sauberen Land stammen. Diese ganze unsaubere Schlamperei habe ich mir wohl von meinen jetzigen Nachbarn abgeschaut- den Franzosen, mit ihrer so wunderbaren Lebensphilosophie: Gut essen und trinken und sich dabei die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Bon vivre halt!

In Erzingen muss ich aus dem Regio steigen. Erzingen soll das (diesmal) südlichste Weinanbaugebiet Deutschlands sein. Dann nur nochmal auf einen Bus umsteigen und dann stehe ich nach fast 4 Stunden abenteuerlicher Fahrt endlich an meinem Ziel- in Stühlingen. Und so bequem, genau vor dem Gasthof „Rebstock“ steige ich aus.
Der Rebstock ist ein Traditionshaus. Gut geführt sehr gepflegt und auch auf Wanderburschen eingerichtet. Es gibt Frühstück ab 7 Uhr. Zum Abendessen wähle ich einen Zwiebelrostbraten mit Spätzle. Eigentlich eine schwäbische Spezialität. Aber aus Gründen der Völkerverständigung überwinde ich mein Vorurteil und rede auch beruhigend auf meinen Magen ein, das Kommende zu akzeptieren.
Meine lieben ‚Sieben Schwaben‘ und auch der Rest von euch, so einen Rostbraten ist mir noch nie in Schwaben unter das Messer gekommen.
Gerade wegen dieses Gerichtes haben wir uns damals entschlossen mit euch zusammen zu gehen. Und nun muss ich feststellen: Badener lernen sehr schnell. Zu diesem Gaumenschmaus habe ich sogar auf den "Erzinger" verzichtet und ein Viertele "Trollinger" bestellt. Nun ruft das Bett, denn morgen wird’s ernst. Der zweite Tag rückt heran.

Fortsetzung folgt, wenn es die Leser wünschen sollten!
Fragt Fiddigeigei - Carlos

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