Chienbäse - Umzug in Liestal
Zu Acht machten wir es uns im Bus bequem, um ca. zwei Stunden vor Beginn des Feuerspektakels in Liestal anzukommen. Auf dem Weg ins "Stedtli" waren die Straßen mit Umzugswagen und Menschen vom Nachmittagsumzug noch voll. Ortsunkundig fanden wir leider kein Lokal, in dem wir alle Platz bekommen hätten. Bei einem Glühwein- und Wurstbrätlerstand blieben wir schließlich hängen, denn dort war es etwas windgeschützter und die Örtlichkeit schien uns auch passend, um den Chienbäseumzug gut sehen zu können. Selbst an einen möglichen Fluchtweg haben wir dabei gedacht.
Wir sahen Holzwagen um Holzwagen, jetzt noch von großen Traktoren gezogen, zur Anfeuerstelle rollen. Die Chienbäse, die von starken Männern und Frauen(!) getragen werden, sind 30 – 70 kg schwer. Jeder Träger muss diese Last mindestens 100 Meter weit ohne abzustellen tragen können! Das Festholz hierfür wird von der Bürgergemeinde gestellt: Für die ca. 300 Chienbäse und an diesem Tag 12 Wagen wurden etwa 90 Ster Holz benötigt.
Für die Unterhaltung der vielen Menschen sorgten Pfeifer und Tambouren, die durch die Straßen zogen. Eine Guggenmusik zelebrierte direkt an unserem Standplatz ihre schrägen Klänge mit perfekt einstudierten Formationen und machte unglaublich tolle Stimmung!
So ging die Zeit schneller als befürchtet vorbei und, als um 19Uhr plötzlich alle Lichter ausgingen, war klar: Die Feuer sind angezündet, der Umzug beginnt! Allerdings dauerte es noch eine ganze Weile bis er bei uns ankam und die Menschenmenge in Jubel ausbrach. Den Vorspann machten „Pfiffer- und Trommlergruppen“ mit beleuchteten Laternen auf dem Kopf, bevor die ersten Träger mit lichterloh brennenden Chienbäse erschienen.
Zwischen den vielen Chienbäse rollte immer wieder ein eiserner Wagen, ein brennendes Ungetüm, der von mal zu mal immer größer und gewaltiger wurde. Jetzt wurden sie von bis zu 8 Männern an langen Deichseln gezogen und hinten von anderen wiederum mittels Ketten kontrolliert gebremst.
Es ist unglaublich wie die haushohen Feuerlanzen zwischen den eng aneinander gebauten Altstadthäusern hochschlugen und die Zuschauer sich vor der Hitze nur wegducken konnten. Atemberaubend war vor allem, als die Wagen mit Schwung durch das Stadttor gerollt wurden, damit dieses kein Feuer fing!
Seit den 1930ger Jahren findet dieses Feuerspektakel in Liestal statt und in diesem Ausmaß auch nur an diesem Ort!
Überall sah man Feuerwehrleute, die abfallende Holzstücke auf der Straße löschten, kleine Feuerstellen zertraten und auch mal einem Chienbäseträger den Rücken zur Kühlung abspritzten. Die Straße sah aus, als wären Millionen Glühwürmchen unterwegs.
Durch den starken Wind an diesem Tag flogen die Funken höher und weiter. Öfter mussten wir uns gegenseitig abklopfen, um keine Brandlöcher in unsere Jacken und Mäntel zu bekommen.
Sogar "Kinder-Feuerwagen" gab es, den Stolz konnte man ihnen ansehen! Andächtig und seiner Würde bewusst marschierte ein kleiner Junge mit einem kleinen Chienbäse neben seinem Vater her, hatte jedoch seinen Besen mit LED-Lichtern „befeuert“.
Wenn mit so viel Feuer der Winter nicht vertrieben werden kann, womit dann? Wir froren jedenfalls in dem gigantischen Inferno nicht.
Nach fast zwei Stunden Feuerspektakel, Rauch und Jubel suchten wir uns mühsam den Rückweg zum Bus durch die gewaltige Menschenmenge und waren dann froh, endlich wieder sitzen zu können.
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