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10. Basler Träff 2018 / Erlebnisführung in Kandern

„Wie aus G’schichtle Geschichte wird“, erlebten wir in Kandern.

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„Was stöhnt ihr mir im Wäg umme? Machet Platz,
ich mueß Chachle und Häfeli uusliefere!“

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Auf dem Blumenplatz in Kandern stehen am Samstag, den 20. Oktober Mitglieder der Feierabendgruppe Basel-Dreiländereck zusammen, begrüßen sich, plaudern. Da rumpelt ein Handwerksgeselle – oder ist es eine Gesellin? – mit einem Leiterwagen über den Platz. Zu unserer Überraschung entpuppt sie sich als „d’Hafner Luis“, unsere Stadtführerin.
Um es gleich vorweg zu nehmen. Sie erzählt uns in den kommenden zwei Stunden so viele vergnügliche Geschichten, dass wir gar nicht merken, wie viel Stadtgeschichte sie uns in dieser Zeit vermittelt.

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So erfahren wir, dass der erste urkundliche Beleg für die Ortschaft Kandern in den Annalen des Klosters Lorsch gefunden wurde. Ein Nachweis über Eisenlieferungen aus dem Jahre 776.

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Der Name des Flüsschens Kander (Chander) verweist aber darauf, dass das Flusstal schon zur Zeit der Kelten besiedelt war. Das keltische Wort kandera bedeutet so viel wie glänzend, klar fließend.

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D’Luis erzählt uns von der „Nassen Küche“, einem Gewann in der Gemarkung Kandern, das bis zum heutigen Tag diesen Namen trägt. Es regnete dort vor 300 Jahren einer Jagdgesellschaft des Markgrafen ins Essen.

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Eine andere Jagd im Jahr 1605 war so erfolgreich, dass der Markgraf von Baden zum Dank einen kostbaren Trinkpokal stiftete: „die Goldene Sau von Kandern“. (Das Original befindet sich heute im Landesmuseum Karlsruhe)

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Barbara - sternwald, unsere Autorin
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In Kandern gibt es auch eine Chinesische Mauer, erfahren wir bei einem kurzen Halt am Ufer des Flüsschens. Wie das? Nun, die Stützmauern der Hochwasserschutzmulde sind statt mit Steinen aus dem Schwarzwald mit importierten Steinen aus China erstellt.

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Das "Leiterwägele" wird weiter gezogen, es gibt noch viele Geschichten zu erzählen. Vor dem stattlichen Gebäude der Fischermühle erfahren wir von der langen, 650 Jahre währenden, Mühlentradition der Stadt. Das Wasser hat’s möglich gemacht. 35 Mühlen gab es einst: Getreidemühlen, Ölmühlen, Gipsmühlen, Papiermühlen ... Und was heißt Weißmühle, wie’s über der Eingangstür der Fischermühle steht? Nichts Anderes als Mühle für Weißmehl (Getreidemühle).

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Bei der Nutzung des Wassers kommen wir auch auf’s Wäschewaschen zu sprechen. Vergnüglich wird uns vorgeführt, wie sich die Unterkleidung im Laufe der Jahrzehnte verändert hat. Wir tauschen uns lachend mit „weisch no?“ oder „die Underhose chenn ich au no…“ untereinander aus.

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Der schönste, repräsentativste Platz in Kandern ist der Blumenplatz mit seiner harmonischen, einheitlich klassizistischen Bebauung, von Weinreben umrankt. Eigentlich wurde er ja im Jahr 1859 zum 100. Geburtstag des Dichters Friedrich Schiller zum Schillerplatz benannt. Dieser Name geriet aber bald in Vergessenheit. Die Erinnerung an das Gasthaus „Blume“, in wechselnden Gebäuden an diesem Platz gelegen, setzte sich durch und blieb namengebend.

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An einem der Häuser an eben diesem Platz eine Hinweistafel auf den Mediziner Adolf Kußmaul, zunächst Truppenarzt, dann einige Jahre Landarzt in Kandern und später ungewöhnlich vielseitiger Wissenschaftler als Professor in Freiburg und Straßburg.

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Unsere, vor Geschichten geradezu übersprudelnde, Stadtführerin erzählt uns noch von weiteren bedeutenden Persönlichkeiten der Stadt. Von der Familie Mez, deren Söhne in Freiburg die später weltberühmte Näh- und Stickseidenfabrik gründeten.

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Am Haus der alten Papiermühle eine Gedenktafel an den 1803 geborenen Johann August Sutter, als „Kaiser von Kalifornien“ der wohl berühmteste Auswanderer aus Kandern. 1839 gründete er im Sacramento-Tal in Kalifornien seine eigene Kolonie „Neu-Helvetien“.

Meine kleine Erinnerung von einem USA Urlaub: Sutter’s Fort State Historic Part in Sacramento ist heute ein sehr interessantes Freilichtmuseum, das das tägliche Leben der kalifornischen Pioniere aus der Zeit um 1840 zeigt. Am Hauptplatz des Forts stand ich vor einer stattlichen Eiche. Ein Geschenk der Stadt Kandern.

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In der Hafnergasse packt Luis ihren Leiterwagen aus, Krüge, Schüsseln, Ofenkacheln kommen zum Vorschein. Hafner stellen Gebrauchsgeschirr her, hohle Gefäße. Merkwürdigerweise spielte die Religionszugehörigkeit im Gebrauch des Alltagsgeschirrs eine Rolle. Ein katholischer Milchtopf muss sich in der Form deutlich von einem evangelischen Milchtopf unterscheiden. Dass dieser dadurch fast ein bisschen wie ein „Potschamberle“ aussieht. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

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Zu unser allen Überraschung erzählt uns unsere Stadtführerin auch, dass die große Tradition als Töpferstadt nicht mehr weitergeführt werden kann. Die Roterde-Tongruben sind erschöpft. Die wenigen noch ortsansässigen Töpfer horten Reste aus geschlossenen Tongruben oder müssen sich Tonerde aus anderen Regionen kommen lassen. Übrig geblieben von der einst vielseitigen Tonverarbeitung ist nur noch die Firma „Kandern Feuerfest“, die u.a. Schamottesteine herstellt. Seit einigen Jahren wirbt die Stadt deshalb nicht mehr mit dem Hinweis „Töpferstadt“ sondern mit dem Slogan „Wir sind der Süden“.

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Während Luis vom Hafnerhandwerk und von der Markgräflertracht mit der großen Hörnerkappe, der Flügelhaube erzählt, stielt Nachbars Katze ihr die Schau. Die Katze macht sich im Leiterwagen breit. Der Platz scheint ihr zu behagen, genüsslich rekelt sie sich in der Herbstsonne und verlässt das gemütliche Ambiente erst, als wir weiterziehen.

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Zum Kirchplatz, dem ehemaligen Gottesacker, vor der evangelischen Stadtpfarrkirche, die in den Jahren 1825 bis 1827 von dem Weinbrennerschüler J.J. Christoph Arnold erbaut wurde. Und zu einem prächtigen Haus mit Staffelgiebel, ursprünglich die erste Fabrik der Familie Mez, heute Heimat- und Keramikmuseum.

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In einem Anbau an diesem Museum erwartet uns noch einmal eine Überraschung. Zunächst der Arbeitsplatz eines Töpfers mit Werkzeug und Drehscheibe, an den Wänden gusseiserne Ofenplatten. Aber dann ein Tablett mit Gläsern und Weinflaschen. Und eine Tüte Kanderner Brezel. Wir greifen zu und lassen uns gern bewirten. Doch ein letzter Wermutstropfen, die Kanderner Brezel werden jetzt in Schliengen hergestellt. Der Lauf der Welt verändert alles.

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Wir verabschieden uns von Monika Haller, der Hafner Luis. Wir haben viel gelacht und viel gelernt. Wie schade, dass ich die vielen, vielen, vielen Anekdoten, Witzle, Sprüche nicht nacherzählen kann. Um diese zu hören muss man selbst an solch einer Erlebnisführung teilnehmen.

„Wunderfitzig bliibe“ ist der Hafner Luis Lieblingsspruch!

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Zu jedem Treffen einer Feierabendgruppe gehört ein Ausklang mit Kaffee, Kuchen oder anderen Köstlichkeiten. Wo kann solch ein Zusammensein in Kandern stattfinden? Natürlich am Blumenplatz. Damit alle Interessen abgedeckt werden können, in einer Pizzeria. Wir lassen es uns gut gehen, bevor sich die Gruppe in alle Winde zerstreut.

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Die Fotos sind von Markus und Käthe

Autor: sternwald

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