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SWQS

Kolumne

SWQS, das unbekannte Wesen

Sie als leidgeplagter PC-User müssen nicht unbedingt wissen, was SWQS heißt. Nur fürchte ich, dass auch so manches Software-Haus davon noch nie etwas gehört hat. Ach so, SWQS heißt Software-Qualitätssicherung.

Ihr Auto fährt manchmal nur 20, häufig bleibt es ganz stehen, und jeden dritten Tag kracht es gegen einen Baum, weil die Lenkung versagt. Das alles empfinden Sie als ganz normal, zumal Sie wissen, wahrscheinlich selbst etwas falsch gemacht zu haben. Das Auto hat schließlich 180 Schalter und reagiert empfindlich auf unqualifizierte Eingriffe, wie zum Beispiel das Leeren des Aschbechers, das Beladen mit vom Hersteller nicht freigegebenem Gepäck oder gar das Befahren von Landstraßen zweiter Ordnung.

Ihr Auto verhält sich völlig anders als Ihr PC? Liegt das etwa daran, dass der Hersteller 70.000 Testwagen kostenlos verteilt hatte, bevor er mit der Mengenfertigung begann? Hat er nicht, noch nicht einmal an die Presse? Dann muss er wohl etwas anderes ganz anders gemacht haben. Hat er auch.

Bei den Automobilherstellern bzw. in der Hardware-Branche allgemein gibt es schon seit Jahrzehnten ein ausgefeiltes Qualitätssicherungssystem. Dort startet die QS mit der Definition eines neuen Produktes und begleitet die gesamte Entwicklung. Unumgängliche Prozeduren müssen durchlaufen, Designe-Rules beachtet werden und Qualitätsbewertungen genannte Checkpoints kontrollieren alles.

Grundsätzlich werden dieselben Techniken manchmal (eher selten) auch in der Software-Entwicklung eingesetzt, nur die Testmethoden sind andere, und offensichtlich auch die Ziele.
Dass Sie Ihr unperfektes Word nicht in der Rubrik Raumfahrt suchen werden, ist klar, doch wo denn wohl sonst?
Der TÜV Rheinland kennt die Prüfklassen A bis E, wobei A für kein Risiko steht, B für ein sehr geringes, C und D schon finanziellen Schaden verursachen können und E sogar Personenschäden.

In Klasse A fallen Programme zur Text- oder Folienerstellung, und die werden -- vielleicht wegen ihrer Bedeutungslosigkeit -- überhaupt nicht geprüft. Ob nun der TÜV diese Einstufungen von Microsoft übernommen hat oder umgekehrt sei dahingestellt. Jedenfalls ist auf meinem PC Excel zuverlässiger als Word.

In Klasse B findet eine sogenannte Black-Box-Prüfung statt. Sie heißt so, weil der Tester nicht weiß, wie das Programm intern arbeitet. Ein guter Tester wird dennoch zu einigen Ergebnissen kommen, wenn er Methoden wie die Äquivalenzklassenbildung oder die Grenzwertanalyse einsetzt.
Nur leider haben die meisten Beta-Tester nicht Informatik studiert, sondern stochern eher mit der Stange im Nebel. Das wohl wissend, erhöhen einige Hersteller einfach die Anzahl der Stochere und somit ihre Chancen im Unternehmen Zufall.

Wieweit das Informatikstudium der Qualität nutzt, ist allerdings eine andere Frage. In diesem Fachbereich lernt man nämlich erstens, wie man fehlerfreie Programme schreibt, zweitens, dass es solche nicht gibt, drittens, dass man deshalb testen muss, und viertens, dass kein Test alle Fehler findet.

Auch ganz interessant ist der White-Box-Tests., also wenn der Tester weiß, wie das Programm intern arbeitet. Dann kann er dafür sorgen, dass in Verzweigungen (wenn x dann ..., sonst ...) beide Zweige geprüft werden. Doch in beiden Zweigen können weitere Verzweigungen liegen , was zu vielen Kombinationen führt. Und nun die traurige Nachricht: Weil es so viele Kombinationen gibt, bescheidet man sich in der Praxis mit einer Zweigabdeckung von 85%.

Die Pleiten im PC-Betrieb lassen allerdings vermuten, dass sich einige Entwickler mit null Prozent zufriedengeben und dafür neuerdings sogar eine tolle Ausrede haben. Schuld sind Sie, der Kunde, fordern Sie doch für immer weniger Geld immer schneller neuere Software.
Und nun mal ehrlich, wenn Sie der Hersteller von Grafikkarten wären, würden Sie dann testen, ob so ein paar exotische Programme wie Word oder Corel Draw laufen?
Folglich ist der Anwender selbst schuld, wenn nun beim Scrollen Word abstürzt oder Corel Draw im Textmodus blockiert.

Ein anderer Fehler: Anstatt wie in der Branche üblich mittels Spezifikationen, Pflichten- und Lastenheften dem Hersteller klar zu sagen, was man eigentlich will, unterstellen manche Leute einfach, dass ein Produkt ihren Erwartungen genügt oder gar einhält, was im Prospekten steht.
Dass dem nicht sein kann, hat schon Parkinson erkannt: Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht – und nicht in dem Maß, wie komplex sie tatsächlich ist.

Die einfachste Lösung all dieser Probleme heißt "Don't touch a running system". Diese Methode ist zugegebenermaßen zwar nicht gerade umsatzfördernd, verhindert aber, dass mit den neuen Features -- die man eh nicht braucht -- auch die -- wie wir nun gelernt haben -- unvermeidbaren Fehler eingeschleppt werden.
Dann dürfte man aber auch nie updaten, denn tut man das, wirkt das Wirthsches Gesetz, wonach die Software in kürzerer Zeit langsamer wird, als die Hardware schneller.

Autor: WoSoft

Peter Wollschlaeger

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