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Kolumne

Mein PC versteht Deutsch, aber leider nicht mich

Meine Rechtschreibprüfung produziert Flops, das Deutsch der Script-Spache von MS-Office ist mir ein Rätsel und meine Fachausdrücke erheitern nur noch die Gemeinde.

Und dabei versuche ich doch bloß die Sprachschöpfungen anzuwenden, die IBM, Microsoft und andere Firmen mit Dudenkompetenz geprägt haben. Doch leider werde ich von manchem Anwender je nach Tageszeit entweder für verrückt oder für betrunken gehalten, wenn ich ihm beispielsweise rate, sich einen neuen Maustreiber zu beschaffen. Ob den das Arbeitsamt vermittelt, ist dann noch die netteste Antwort.

Noch schlimmer ist die Anwendung einer deutschen Rechtschreibprüfung, weil sich deren Ergüsse in Texten niederschlagen, unter (oder über) denen mein Name steht. Denn immerhin 9 Schaltflächen bietet der Rechtschreib-Dialog von Word und folglich auch die Chance, versehentlich einen falschen Button anzuklicken. Die Folgen sind arger, als mancher denkt.
So wird jedem Anwender, der Windows mit einem SX-Computer ausbremst, ständig vorgehalten, mit einem Sex-Rechner zu arbeiten. Wer gar wagt, einen (älteren) Macintosh einzusetzen, muss sich anhören, dass diese Maschine mit einen Motoröl-Rechner bestückt ist und nicht etwa mit einem von Motorola.

Überhaupt scheint einiges im Korrektor absichtlich manipuliert zu sein, oder wie erklären Sie sich, dass »Bill Gates« durch »Bit Gutes« ersetzt wird?
Auch die Konkurrenz mag der Korrektor nicht, zum Beispiel, wenn er den Desktop sogar dann einen Despoten nennt, wenn die Begriffe wie Linux oder Mac OS im ganzen Text gar nicht auftauchen. Andere Versager führen sogar zu Eigentoren. Beispielsweise wird im Terminus »Microsoft-Nativ-Code« das »native« doch glatt durch »naiv« ersetzt und aus »Drag & Drop« wird »Drall & Droh«. Da bleibt nur zu hoffen, dass Sie nicht versehentlich auf »Ändern« klicken, auch nicht infolge von Party-Fehlern, wie übermäßigem Alkoholgenuss, wenn Sie Parity-Error geschrieben haben.

Die Rechtschreibkorrektur hat allerdings einen Vorteil. Man muss sie nicht aufrufen, und wenn, dann reicht es, bei jedem Vorschlag zielsicher auf »Ignorieren« zu klicken. Diese Alternative bietet »Visual Basic für Applikationen« nicht mehr, also die eingebaute Script-Sprache, mit deren Hilfe sich z.B. Tabellen automatisieren lassen.
Wer einen leistungsfähigen Makro schreiben will, muss VBA einsetzen, und zwar hier in Deutschland auch die deutschsprachige Version.
Die Sprache lässt sich zwar umschalten, auch auf US-Englisch, aber dazu passt die deutsche Online-Hilfe nicht mehr, und die braucht man. Oder wissen Sie ad hoc, was mit einem »HatPosNegAbwBalken« gemeint ist? Also entscheiden Sie sich für Deutsch. Sollten Sie allerdings schon einmal in Basic etwas Kluges programmiert haben, könnte das ein Fehler gewesen sein. Denn diesen Code haben Sie in Englisch geschrieben, und englisches Basic produziert in einem deutschen VBA nur reihenweise Syntaxfehler.

Folglich werden Sie jetzt Zeile für Zeile und Wort für Wort ändern. Die jeweilige Übersetzung zu finden, ist relativ einfach. Stellen Sie sich vor, Sie seien Amerikaner und sprechen kein Wort deutsch (das soll es geben). Nun nehmen Sie ein Lexikon und überlegen sich, was wohl »End Sub« auf Deutsch heißen könnte.
Dass »Unterprogramm« kein deutsches Wort ist, sondern »Sub« heißt, wissen Sie natürlich. Folglich schreiben Sie in korrektem Deutsch »Ende Sub« und nicht etwa »End Sub«, denn das wäre ja Englisch. Sie merken schon, es ist gar nicht so einfach, als Amerikaner deutsch zu denken und umgekehrt.

Wenn Ihnen also die amerikanische Denke Probleme bereitet, dann denken Sie doch anders herum, und dolmetschen übungshalber 3000 Begriffe deutsch-englisch. Sie sind perfekt, sobald Sie Wörter wie »Brückengeländer« mit »bridges go countries« übersetzen. Auf jeden Fall werden Sie nach diesem Training verstehen, dass »ON ERROR GOTO« nur eines heißen kann, nämlich »Bei Irrtum GeheZu«. Das stimmt zwar noch nicht ganz, statt »Irrtum« müssen Sie »Fehler« schreiben bzw. immer die andere Alternative im Lexikon wählen, aber Sie sind auf dem richtigen Wege.

So far so good (so entfernt, so zahlungsfähig), doch »what to the devil« trieb Microsoft überhaupt in diese deutsche Ecke? Glaubt man der Pressestelle, und welcher Journalist glaubt der nicht, basiert die Entscheidung auf einer Umfrage.
Wer interviewt wurde ist klar, nämlich Nichtprogrammierer, und was gefragt wurde, schätze ich mal: »Würden Sie programmieren, wenn dafür keine Englischkenntnisse erforderlich sind?« Erfreut, endlich eine Ausrede zu haben, lautete die Antwort natürlich Ja und war schlicht gelogen. Englisch auf dem Level von »put« und »get« kann heutzutage jedes Kid, dafür sorgt schon das Intensivtraining von Nintendo.

In Ostereich und in der Schweiz muss das anders sein, denn der Dialog zur Sprachwahl unterscheidet sauber zwischen Deutsch und dem Deutsch unserer Nachbarländer, bietet aber, trotz heftiger Proteste, immer noch nicht Ostfriesisch und Bayrisch an. Ich habe nur noch nicht herausgefunden, wo die Unterschiede liegen, jedenfalls heißt es auf schweizerisch next nicht »Nächstle« oder Nestle und auch nicht »Bei Fehlerli EileZu«.

Dennoch, das Programmieren in der Landessprache bietet Vorteile. Rechnen Sie nur einmal aus, um wieviele Semester das Informatikstudium gekürzt werden könnte, wenn die Studenten nicht drei Dutzend englische Vokalen pauken müssten. Oder was sich an Bäumen sparen ließe! Ja ernsthaft, ich habe in einem Buch über das Programmieren in C++ mehrere Seiten verbraucht, um »BEGIN_MESSAGE_MAP« zu erklären. Hätte Microsoft auch C++ eingedeutscht, hieße das jetzt
»Beginne_Botschaften_Landkarte«, und jeder wüsste sofort, was damit gemeint ist.

Wenden wir uns wieder dem deutschen VBA zu, das endlich mit so diffusen Begriffen wie »String« aufräumt und dieses Wortungetüm durch den wesentlich klareren Begriff »ZeichenF« ersetzt. Oder was halten Sie von »ZuZnF« (ehemals Str$)? Da kommt Freude auf.
Doch zugegeben, diese kurzen Beispiele sind wenig geeignet, die Power von VBA-GE (German Edition) so richtig zu demonstrieren. Oft sind es die berühmten Bandwurmausdrücke, die den Anwender verwirren. Damit ist jetzt Schluss. Deutsch bringt Klarheit und Einfachheit, zum Beispiel so:
AusgeblendeteElementeListenfeld.EintragHinzufügen-->
(PivotElement.Name)
Das hat Sie überzeugt oder?

Autor: WoSoft

Peter Wollschlaeger

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