Neu hier? Lies hier über unser Motto gemeinsam statt einsam.
Mitglied werden einloggen




Passwort vergessen?

Für Gestaltung und Inhalt dieser Regionalseiten sind ausschließlich die jeweiligen Regionalbotschafter verantwortlich. Die von den Regionalbotschaftern eingegebenen und heraufgeladenen Inhalte unterliegen grundsätzlich weder einer Kontrolle durch Feierabend, noch nimmt Feierabend hierauf Einfluss. Hiervon ausgenommen sind werbliche Einblendungen und Beiträge die von Feierabend direkt eingestellt wurden und als solche gekennzeichnet sind.

Das "Blaue Haus"

Blaues Haus_Irrwisch

Es sieht aus wie ein verwunschenes Märchenschloss – ein Werk, wie aus einer Traumwelt, der Fantasie eines Künstlers entsprungen.

Der Künstler des Blauen Hauses in Bischofsheim heißt aber nicht Friedensreich Hundertwasser, Salvador Dalí oder César Manrique, er heißt Jürgen Seng. Er hat sein Lebenswerk verwirklicht, in seinem Elternhaus, vom Großvater gebaut.

Heute ist das Haus nicht mehr bewohnbar; es ist eine begehbare Skulptur, ein Kunstwerk, unbeschreiblich – man muß es gesehen haben.

Blaues Haus_Margret551

Blaues Haus_fidelis45


Genau das haben wir vor. Irmtraut/Irrwisch hatte uns für den 2. Juni bei Jürgen Seng angemeldet.
16 Mitglieder versammelten sich in der Mainzer Straße und schon der Anblick des Hauses versetzt uns in ungläubiges Staunen.

Der wilde Pflanzenbewuchs, der bis zum Dach reicht, verdeckt einen Teil der blauen Fassade, die mit grau-blauem Schiefer aus einer stillgelegten Grube in Bundenbach im Hunsrück und weißen runden Kieselsteinen aus Carrara-Marmor besetzt ist.

Wir bahnen uns den Weg durch den Vorgarten und staunen: 30 Jahre alte Hortensien erklimmen den Weg zur Dachrinne, Orangenbäumchen, große Farne, Engelstrompeten, jede einzelne Pflanze, jeder Baum, in großen blauen Steinguttöpfen.

Blaues Haus_fidelis45

Blaues Haus_fidelis45

Wir wagen es kaum, das Haus zu betreten. Was wird uns dort erwarten? Schmal und eng ist der Eingang. Vorbei an venezianischen Masken an den Wänden öffnet sich ein Raum – der Blickfang ist ein rotes Sofa, ein gemauerter Brunnen mit Kerzen, ein riesiger grüner Trog – das Badezimmer. Gegenüber ist die Küche – fast normal – aber auch hier fehlt die Kunst nicht.

Wir betreten die „gut’ Stubb“ und der Künstler begrüßt uns. Es gibt einige Sitzmöbel, auf denen wir Platz nehmen. Zuvor muß der Bachlauf überquert werden. Jürgen Seng reicht den Damen galant die Hand und hilft ihnen hinüber. „Passen Sie auf, wo sie hin treten !“ – der Boden ist wellig, und uneben, mit Steinchen in Mosaikmuster beklebt. Jeder ist bemüht, nach unten zu schauen, aber die Blicke schweifen unweigerlich immer wieder in die Höhe und an die Wände. Es ist kaum zu glauben, was dort alles zu sehen ist. In der Kürze der Zeit kann der Blick auch nicht alles erhaschen. Von der Decke baumeln selbst gefertigte, kunstvolle Lüster, die Fenster sind zugemauert bis auf ein wunderschönes Glasfenster im Jugendstil. Es zeigt Seerosen und Pflanzen. Jürgen Seng hat es zu Hause in Hünstetten gefertigt, auf dem Dach seines Autos zwischen Tischtennisplatten geschützt, ins Blaue Haus transportiert und eingebaut.

Blaues Haus_fidelis45
Blaues Haus_fidelis45

Blaues Haus_fidelis45

Er erzählt uns die Geschichte des Hauses. Es wurde 1910 vom Großvater gebaut. Nach dessen Tod übernahmen es die Eltern und bauten es im Stil der 60er Jahre um. Von außen wurde es verklinkert. Im hinteren Teil des Gartens entstand ein Nebenhaus; der Onkel war Architekt. Nachdem die Eltern verstorben waren, übernahm Jürgen Seng das Elternhaus; das Nebenhaus erhielt der Bruder. Eigentlich wollte er das Haus zu einem Wintergarten umbauen, mit Bachlauf. Aber dann fing er an, eine surreale Welt zu schaffen.

In 3 Jahren, wenn er 75 wird, würde er das Haus gerne der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, am liebsten in eine Stiftung einbringen. Vielleicht mit einer Bühne für Lesungen, kleine Konzerte. Kinder haben vor Weihnachten hier Weihnachtslieder gesungen; die Räume waren nur durch Kerzen erleuchtet. Es ist zu spüren, dass ihm Kinder, die noch in der Fantasiewelt leben, aber auch Erwachsene, die sich wieder darauf einlassen, am Herzen liegen.

Blaues Haus_Margret551

Blaues Haus_Margret551

Jürgen Seng hat Lehramt studiert und war 40 Jahre Lehrer, u.a. für Kunst und Geschichte. Das erkennt man insbesondere auch an seinen Bildern, die im Obergeschoß die Wände verzieren. Bis wir dorthin kommen, heißt es, eine abenteuerliche Treppe zu überwinden. Wir bekommen zwar erklärt, wie es am besten geht, aber Jürgen Seng steht auf dem Treppenpodest und sagt jedem einzelnen, wo er sich am besten festhält und die Füße setzt.

Die Neugierde treibt fast alle nach oben, auch wenn bei manchen angesichts der Stufen, die eigentlich keine sind, die Angst zu stürzen, gegeben ist. Die „Anstrengung“ lohnt sich, denn auch im Obergeschoß gibt es unglaublich viel zu sehen. Da ist ein Zimmer, in dem eine begonnene Autorennbahn auf dem Boden aufgebaut ist. An den Wänden Bilder von Jochen Rindt, einem Mainzer Formel 1-Piloten, der 1970 auf tragische Weise beim Training zum Großen Preis von Italien in Monza verunglückte und postum zum Weltmeister wurde, weil ihm der Punktevorsprung nicht mehr zu nehmen war.

Blaues Haus_Margret551

Da ist das Lenore-Zimmer, in dem nicht nur selbst gemalte Bilder des Jürgen Seng hängen, sondern auch die Ballade der unglücklichen Lenore zu lesen ist.

Später erzählt uns Jürgen Seng im Pavillon des Gartens die Ballade des Dichters Gottfried August Bürger, die im Jahr 1773 entstanden ist und die, so Jürgen Seng, einen großen Eindruck auf ihn gemacht hat, als er sie in der Schule lesen musste.

Bei Wikipedia ist zu lesen: „Die Schlacht bei Prag ist vorbei, doch der Verlobte von Lenore, Wilhelm, ist noch immer nicht aus dem Siebenjährigen Krieg heimgekehrt. Seit er mit König Friedrich in die Schlacht gezogen ist, sorgt sich Lenore um ihn und hofft jeden Tag auf seine Rückkehr, sie hat jedoch noch nichts von ihm gehört oder gesehen. Sie beginnt mit Gott zu hadern und sagt, dass er ihr nie etwas Gutes getan habe. Die Mutter bittet um Vergebung für ihre Tochter, da sie weiß, dass solch ein Denken Blasphemie ist und in die Hölle führt. Schließlich taucht Wilhelm tot als Geist auf und entführt Lenore zu einem Ritt durch die Nacht, auf dem ihnen viele andere Geister und „Gesindel“ begegnen. Schlussendlich nimmt er sie mit in seinen Sarg und bringt sie so ins Totenreich.“

Hier findest Du die gesamte Ballade der Lenore

Blaues Haus_Margret551
Blaues Haus_fidelis45

Blaues Haus_fidelis45


In einem der Zimmer steht die Staffelei, an der zahlreiche fantastische Kunstwerke auf Papier entstanden sind. Nicht nur die Bilder faszinieren, sondern auch die Collagen, die hier zu sehen sind. Eine der Collagen stellt einen Adventskalender dar.

Im vierten Zimmer ist eine Eisenbahn durch den gesamten Raum auf- und eingebaut. Zinnfigürchen und zahlreiche Wandplastiken vervollständigen die kunstvolle Szene. Ich könnte mir vorstellen, dass besonders in diesem Raum die Kinderaugen leuchten und sich kaum satt sehen können.

Blaues Haus_fidelis45
Blaues Haus_Margret551

Blaues Haus_fidelis45


Nachdem mit Hilfe von Jürgen Seng auch allen wieder der Abstieg in die untere Fantasiewelt – glücklicherweise ohne Sturz – geglückt ist, versammeln wir uns noch einmal im Garten-Pavillon. Jürgen Seng lädt uns ein, gerne wieder einmal bei ihm vorbeizuschauen. Er fährt an mehreren Tagen in der Woche von Hünstetten in sein „Blaues Haus“ und die Tür steht für den interessierten Besucher offen.

Wir verabschieden uns mit einem „süßen“ Dankeschön-Geschenk vom Künstler und kehren zum Abschluss des Tages im neu eröffneten Café Rheingenuss in Ginsheim an der Fähre ein.

Blaues Haus_Margret551

Blaues Haus_Margre551

Zwischenzeitlich hat es aufgehört zu regnen; die Sonne lacht und der Altrhein hat zum Glück nicht sein Strombett verlassen. Der nette Service hat uns einen langen Tisch eingedeckt. Angesichts der leckeren Torten, Eisbecher, Flammkuchen und Handkäse fällt die Qual der Wahl schwer. Bei angeregtem Geplauder vergeht die Zeit wie im Flug und es ist fast halb neun, bis wir uns voneinander verabschieden.

Ein herzliches Dankeschön an Irmtraut für den „heißen Tipp“ und die gute Organisation.

Die Bilder im Bericht zeigen nur einen Bruchteil dessen, was wir an diesem Nachmittag zu sehen bekommen. Deshalb schaut Euch die Bilder von Irmtraut, Margret und Dieter an.

Zu den Fotos von Irmtraut/Irrwisch kommst Du hier

Hier ist der Link zu Margrets/Margret551 Bildern

und Dieter/fidelis45 zeigt hier seine Fotos

Blaues Haus_Margret551
Blaues Haus_Irrwisch


(eingestellt am 3.6.16)

Autor: Feierabend-Mitglied

Artikel Teilen

 

Artikel bewerten
5 Sterne (16 Bewertungen)

Nutze die Sterne, um eine Bewertung abzugeben:


7 7 Artikel kommentieren

Regional > Mainz > Ausflüge und Veranstaltungen ab 2010 > 7_Ausflüge und Veranstaltungen 2016 > 4_Blaues Haus