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Eine Katzengeschichte

Stubentiger mit Urinstinkten

Eine Handvoll getigertes Etwas kam zum Vorschein. So kommt es mir heute noch vor, wenn ich mich daran erinnere, als unsere Buben ihn mit nach Hause brachten.

Klaus hatte ihn unter seinem Hemd auf dem Bauch verstaut. Der kleine Kerl sollte nicht frieren. Mit seinen großen schwarzen Augen schaute er uns neugierig an; wir ihn aber auch. Jeder wollte ihn streicheln und mit seinem Schnurren bekundete er sein Vergnügen.

Er, wir riefen ihn Peter, wuchs durch unsere Pflege zu einem stattlichen Kater heran. In seinem ersten Lebensjahr konnte er so richtig draußen herum tollen und alles durchstöbern, denn wir bewohnten ein Haus mit Garten in der Nähe des Sportplatzes. Er brachte uns seine nächtlichen Jagdtrophäen, sprich Mäuse, mit nach Hause. Erst nach gebührendem Lob von unserer Seite, verspeiste er sein Mahl genüsslich.

Für uns war das Ganze gewohnheitsbedürftig. Aber wir ließen ihn gewähren bis eine vor den Mahlzeiten ihm entwischte und in meiner Wohnung das typische Katz- und Mausspiel sich abspielte. Da war es mit meiner Geduld zu Ende und ich verfrachtete ihn in Zukunft mit seiner Beute vor die Tür. Er hatte schnell begriffen und sich damit abgefunden, seine Mäuse draußen zu verspeisen. Somit war dieses Kapitel für mich abgeschlossen.

Unsere Vermieter, zwei Damen von Beruf Hutmacherinnen, verständigten uns davon, dass sie das Haus verkaufen wollten und ob wir eventuell daran interessiert wären. Wir verneinten und machten uns auf die Suche nach einer geeigneten Wohnung. Eine schöne und große Wohnung fanden wir in der Nähe des Bahnhofes. Insgesamt bewohnten sieben Mietparteien dieses Haus. Im Erdgeschoss war eine Arztpraxis auf der einen Seite, während die Andere von der Post genutzt wurde. Unsere Wohnung war im zweiten Stock und wir hatten nun Bedenken, ob unseren Peter mit den Häuslichkeiten zurecht käme. Aber wir sollten uns noch wundern.

Die erste Zeit ließ ich ihn in der Wohnung, was er mir mit zornigen Miauen quittierte. Das Fenster nach der Straßenseite lehnte ich nur an, so dass dies nun sein Ausguckplatz wurde. Das geschäftige Treiben unten vor der Poststelle war für ihn sehr aufregend. Auch wenn die Busse kamen und die vielen Leute, von der Stadt kommend, ausstiegen war er immer auf seinem Ausguckplatz anzutreffen. Ich behaupte sogar, dass er die Fahrzeiten des Linienbusses kannte. Zum Glück waren die Fensterbänke doppelt so breit als normal, so dass ich mir keine Sorgen zu machen brauchte, dass er herunterfallen könnte. Die Höhe schätzen wir auf acht Meter. Das muss man wissen, um mir das zu glauben, was ich jetzt erzähle. Wenn unten aus dem Bus unser Joachim - er kam vom Gymnasium - ausstieg, oder mein Mann vom Amtsgericht sich unserem Hause näherte, kam Peter miauend in den Gang oder zur Tür gerannt und ich wusste, dass ich die Tür öffnen kann.

Da mein Mann dann am späten Nachmittag zu Mittag aß, saß er dann direkt neben ihm am Tisch, eine Pfote ganz knapp auf den Tisch gelegt und seine Zunge ging hin und her, bis er sein Leckerli bekam. Er schnippte mit der Pfote ganz sachte daran, bis es auf den Boden fiel und fraß es dann auf. Wir hatten ihm streng verboten ,auf den Tisch zu springen. Er hat sich daran gehalten, auch wenn das Wasser ihm im Mäulchen zusammen lief. Das kann ich wirklich behaupten, denn wir haben mehrmals versucht ihn zu verführen. Er war standhaft, wenn es ihm auch schwergefallen ist.

Eines Tages hatte ich die Wohnungstür offen gelassen und dies nutzte er aus. Peter war weg. Jeder in der Familie machte mir große Vorwürfe. Wir hatten die schlimmsten Befürchtungen. Ich auch. Die Buben suchten nach ihm ohne Erfolg.

Was waren wir alle erleichtert, als gegen Abend ein klägliches Miauen im Treppenhaus, vor der Tür, zu hören war. Als ich öffnete sprang er ganz glücklich in der Wohnung herum. Seinen Napf musste ich zweimal füllen. Von diesem Tag an hatte er wieder Ausgang. Da in der Nachbarschaft auch ein richtiges Bauernhaus mit Stallungen und was dazu gehörte war, war es das reinste Vergnügen für ihn. Er stromerte überall herum.

Eines Abends gab es eine einmalige Geschichte. Mein Mann und ich gingen zu Bett und hatten vergessen die Zwischentür zu schließen. Auf einmal sprang er auf das Bett zwischen uns, fauchte und kratzte meinen Mann. Er hatte ihn am Arm ganz schön erwischt und es blutete. Wir waren Beide derart überrascht, dass mein Mann ihm eine scheuerte und ihn aus dem Bett warf. Mit hochgestelltem Schwanz verließ er zornig fauchend das Schlafzimmer. Am nächsten Tag war er noch beleidigt. Wir sorgten jeden Abend nun dafür, dass die Türen geschlossen waren.
Er war schon ein ganz Schlauer. Wir hatten damals Steppdecken als Zudecken. Wir riefen ihn, aber er kam nicht. Man sah ihn auch nirgends liegen. Doch plötzlich war er da. Am Anfang seiner Marotte wusste ich nie genau, wo er nun herkam. Durch Zufall legte ich eines Tages noch mein Nachtzeug, später als sonst in mein Bett und siehe da, da lag er unter meiner Steppdecke und schlief. Er streckte sich wohlig und konnte mein Schimpfen gar nicht verstehen. Man soll so was nicht dulden und so legte ich ihm in sein Körbchen ein kleines Kissen, das ich schon benutzt hatte und wie es schien, nach mir duftete, er war glücklich.

Weihnachten stand vor der Tür und da unser Opa im November verstorben war, luden wir die Oma ein, über die Feiertage zu uns zu kommen. Der Förster hatte uns wieder einen frisch geschlagenen Baum besorgt und nachdem er im Ständer fest eingepasst worden war, habe ich mit den Buben den Baum geschmückt. Wie damals üblich, hing man die Kugeln zuerst auf, dann wurden die Kerzenhalter angebracht. Jetzt konnten wir das Lametta einzeln, schön akkurat, über alle Zweige verteilt, aufhängen. Wir waren von unserem Christbaum begeistert. Die Türen wurden verschlossen und erst am nächsten Abend, dem 24.Dez., sollte dann die Bescherung stattfinden. Am nächsten Tag wurde der frühe Abend herbeigesehnt und dann war es soweit. Die Lichter hatten wir schon heimlich angezündet, mein Mann öffnet die Tür und wir gingen alle rein. Hatten aber nicht mit unserem Familientiger gerechnet. Es hatte aber auch keiner auf ihn geachtet. Der Christbaum stand auf einem Stuhlhocker mit einer Weihnachtsdecke behängt, mitten im Zimmer. Da sprang unser Peter, mit hochgestelltem Schwanz wie ein Blitz im hohen Bogen, mitten in den Baum hinein. Mehrere Schreie ertönten, unsere Oma suchte die nächste Sitzgelegenheit, mein Mann wollte ihn verjagen und ich versuchte den Baum aufzufangen. Die Situation wäre filmreif gewesen. Es ist kaum zu schildern, wie unser schöner Baum jetzt aussah. Es war Chaos perfekt.

Der frische Waldgeruch, den die Tanne ausströmte, hatte das Ganze verursacht. Wir hatten an so was nicht gedacht und in Peter kamen die Urinstinkte zum Ausbruch. Er hatte sich danach in die hinterste Ecke verkrochen und kam an diesem Abend nicht mehr zum Vorschein.

Bei uns war, statt Gemütlichkeit, aufräumen angesagt und wir retteten was zu retten übrig geblieben war. Der Baum, wenn er hätte heulen können, hätte er es getan. So wie er jetzt aus sah? Unser Peter machte garantiert um so was in Zukunft einen großen Bogen.

Es passierte schon mal, dass er den ganzen Tag nicht zu sehen war, da brauchte ich nur aus dem Fenster zu rufen: "Peter komm, es gibt Gutes". Da kam er angesaust, egal wo er war. Er war uns in den Jahren richtig ans Herz gewachsen.

Eines Tages kam er auch abends nicht heim, obwohl ich schon gerufen hatte. Wir machten uns große Sorgen, denn, das war noch nie da gewesen.
Am nächsten Tag klingelte ein Postbeamter an der Tür und fragte, ob unsere Katze zu Hause wäre. Nachdem ich verneinte, sagte er : "Dann ist er es, der drüben tot am Baum, auf der anderen Straßenseite liegt. Ich kenne ihn". Wir sind sofort runter und leider hatte es sich bestätigt. Es war unser Peter. Nachbarn haben uns erzählt, dass er abends von einem Auto erfasst wurde und sofort tot war. Der Autofahrer hätte ihn noch an den Baum gelegt, als er sah, dass nichts mehr zu machen war.

Heute muss ich sagen, dass es schön und erlebnisreich war, ihn eine zeitlang in unserer Mitte gehabt zu haben.

Wir waren sehr traurig. Die Jungen holten einen stabilen Karton, legten ihn mit schönem Papier aus, sammelten Blumen und legten diese, sowie seine Spielsachen hinein und betteten ihn darauf. Der Karton wurde gut verschnürt und mein Mann nahm einen Spaten mit, dann fuhren sie an einen schönen Platz in der Gemarkung und begruben ihn. Bei mir liefen nur so die Tränen. Vierzehn Tage lang hörte ich immer noch sein Miau und dachte, er steht vor der Tür. Er war lange gegenwärtig und ist auch heute noch nicht vergessen.

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